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Von Katze zu Dosenöffner

11. Dezember 2009

Hey Dosenöffner, da bist du ja endlich! Höchste Zeit, dass du nach Hause kommst! Wo hast du dich bloß wieder so lange herumgetrieben? Ich bin halb verhungert, meine letzte Mahlzeit muss Tage her sein. Ach, was sage ich – Wochen! Jawohl, ich habe seit Wochen nichts mehr gegessen.

Was sagst du? Du hast erst vor drei Stunden das Haus verlassen und hattest vorher noch meinen Napf gefüllt? Also wirklich, soll das heißen, du glaubst mir nicht? Du redest mal wieder Unsinn, Mensch! Traust mir etwa zu, dass ich dich anlügen könnte? Na los, sieh in meine großen niedlichen Kulleraugen! Könnten solche Augen dich jemals anlügen? Katzen lügen nicht, merk dir das! Auf solche Ideen kommen nur Menschen. Naja, Hunde lügen natürlich auch, aber das tut jetzt wirklich nichts zur Sache. Also, wo war ich stehen geblieben? Ach ja, richtig, ich bin schon ganz schwach vor lauter Hunger, kann kaum noch stehen. Um meinen Standpunkt zu untermalen, lege ich mich jetzt mal auf den Rücken. Und die Pfötchen klappe ich vor die Brust – da, schau hin! Ist das nicht putzig? Hey, nein, nicht streicheln! Füttern sollst du mich, Dosenöffner. F-Ü-T-T-E-R-N! Wie begriffsstutzig kann man denn sein?

Ach, was machst du denn? Du gehst in die Küche, fabelhaft. Das ist die richtige Richtung. Warte, warte, ich komme mit. Ich eile, ich fliege. Na los, mach schon, schneller! Und was soll das jetzt werden? Du kannst die Einkäufe nachher wegräumen. Es gibt Dringlicheres zu tun. Du sollst mich FÜTTERN, dämlicher Dosenöffner! Okay, dann eben die Nummer mit dem Geschnurre und dem Um-die-Beine-Streichen. Schnurr, schnurr, SCHNURR! Boah, nee, nicht streicheln, Dosenöffner. Katze füttern! Du bist so stur, dass man dich noch nicht einmal hypnotisieren könnte, was?

Und was soll dieser skeptische Blick? Fang jetzt bloß nicht wieder damit an, was der Tierarzt gesagt hat! Der hat überhaupt keine Ahnung. Nicht den kleinsten Schimmer hat der! Von wegen gut genährt und vielleicht ein wenig abnehmen – das ist alles Winterfell. Außerdem weiß die Katze am Besten, was gut für die Katze ist. Und die Katze, das bin ich und NICHT DU, du übergroßer Nacktaffe. Und ich sage: die Katze hat Hunger! Langsam werde ich wirklich ungeduldig. Wie kann man ein armes, hilfloses Tierchen nur so leiden lassen? Schämst du dich nicht?

So, guck hin, Dosenöffner, hier ist der Schrank mit dem Katzenfutter! Soll ich vielleicht noch davor tanzen? Okay, folge meinem Blick: Schrank – Napf – Schrank – Napf – Schrank – Napf… Weißt du, vielleicht sollten wir den Spieß mal umdrehen und dann entscheide ICH in Zukunft, wann DU etwas zwischen die Zähne bekommst. Ernsthaft, Zweibeiner, ich sage ja auch nichts, wenn du dir abends auf dem Sofa die Chips schmecken lässt, obwohl du schon Abendessen hattest. Oder wenn du dir nachts ein Stückchen Käse oder Salami aus dem Kühlschrank stibitzt. Ach, was sage ich? Ich opfere mich sogar noch für dich auf und helfe dir mit den Chips und mit dem Käse und mit der Wurst. Nur, um deine Gesundheit zu schonen. Und damit du nicht völlig auseinandergehst. Du hast nämlich überhaupt kein Fell, erst recht kein Winterfell. Muss ich noch mehr sagen, Dosenöffner?

Jetzt reicht es mir aber langsam. Ich ziehe ernsthaft in Erwägung, mich deinen neuen Lieblingsschuhen zuzuwenden. Diese fürchterlich teuren Dinger, die im Gegensatz zu Pfoten einen Heidenlärm machen. Wer könnte mir einen Vorwurf machen, wenn ich sie im Hungerdelirium versehentlich mit etwas Essbarem verwechsle und ein wenig auf ihnen herumbeiße? Und wenn ich schon dabei bin, könnte ich auch gleich an der Yucca herumnagen. Und anschließend auf deiner Satinbettwäsche herumtoben. Oh ja, die wird prima aussehen, mit den vielen Fäden, die herausschauen und den kleinen Löchern, die meine Krallen hinterlassen. Das Ladekabel von deinem nervtötenden Handy könnte ich bei der Gelegenheit auch gleich durchbeißen. Und ganz sicher hätte ich auch eine Menge Spaß daran, das Toilettenpapier in kleine Fetzen zu reißen… Ha, meine Rache wird großartig und gnadenlos!

Oh, warte, was tust du da, Dosenöffner? Gehst du zu dem Schrank mit dem Futter? Ist das etwa eine Dose in deiner Hand? Was rieche ich da? Ist das Hühnchen? In Sauce? Ist es denn möglich? Oh, du wunderbarer, du treuer, du geliebter Dosenöffner – mein Versorger, mein Rückenkrauler. Wie ich dich liebe, du… mampf, mampf, schmatz…

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